Die Mutanten
Die Mutanten
Der sich vollziehende kulturelle Wandel bietet denjenigen, die von Lacans Lehre inspiriert sind, eine Entschlüsselung von außerordentlicher Qualität. Es dreht sich offensichtlich um den Zerfall des Namens des Vaters, der zum Garanten von Werten geworden war, die gestern noch Ehre und heute Schande bedeuten. Auf die Knie, um um Vergebung zu bitten. Wofür? Für den Sex natürlich, und jeden Tag enthüllen die Opfer die restlichen Wunden, Verletzungen, Traumata, Misshandlungen usw.
Wenn die Konsequenzen nicht wären, könnte man meinen, es handle sich um ein kollektives Ende der Behandlung, ein Ende aller Übertragungsmöglichkeiten, die vom Freudianismus induziert, wenn nicht sogar gefördert wurden, und die durch die aktuelle Ablehnung jeglicher literarischen Kultur, das Ende der Rhetorik und damit der Eliten, veranschaulicht werden. Kein Diskurs mehr, sondern ein Gestammel, das nicht mehr der Index von der Wahrheit – veraltet und uninteressant – sondern für Authentizität geworden ist. Die Frage bleibt jedoch, welche, denn diese topische Regression konfrontiert das Ich nun mit einem anderen, indem sie es in einen Wettbewerb verwickelt, dessen Entfremdung umso stärker ist, je weniger sie symmetrisch ist und geteilt wird. Um einen Moment sachlich zu bleiben, sei angemerkt, dass sich aus der mächtigen Bewegung der sogenannten Gelbwesten kein Anführer herauskristallisieren konnte, und dass unser Präsident sich weniger durch seine Autorität als durch seine Unterwerfung unter die Forderungen des Volkes auszeichnet.
Verstehen Sie, worauf ich hinauswill? Die Korrektur – vorgenommen im Feld des Anderen – der traditionellen Vaterinstanz setzt ihn nun einer Unterwerfung aus, deren Vorteile jedoch weder kollektiv noch individuell jemals befriedigend sein werden.
So dass der laufende Wandel weniger mit dem Ende der Übertragung als vielmehr mit ihrer Übertragung auf eine nicht mehr phallische, sondern neutrale Instanz verbunden ist: alle gehören nunmehr dem dritten Geschlecht an. Und wenn jeder von nun an nicht mehr weiß, was er will, bleibt ihm das Gestammel, Ausdruck einer Ichforderung, in Erwartung eines nicht mehr genetischen, sondern politischen Retters.
Wer wird heute von Sparta oder Athen gewinnen?
Charles Melman
08 11 21
Tradustion faite par Johanna Vennemann